DEUTSCHE VERSION

APPELL
GEGEN DIE VERNICHTUNG DER KURDISCHEN GESELLSCHAFT

Im türkischen Kurdistan findet immer noch ein dreckiger Krieg gegen das kurdische Volk und dessen demokratische Strukturen statt. Ein Krieg, der geführt wird mit der Verletzung jeglicher internationaler Standards und Abkommen, die die Türkei ebenso unterzeichnet hat.
Große Areale des Landes wurden zu Kriegsgebieten erklärt, was für Millionen von Menschen ein Gefängnis unter freiem Himmel bedeutet. Die kurdischen Dörfer werden wieder von den bewaffneten türkischen Kräften niedergebrannt und evakuiert, welches zu einer erzwungenen Flucht von Zivilisten führt, die ihre Häuser und ihr Land zurücklassen müssen.
Die Wälder wurden niedergebrannt, in Missachtung internationaler Konventionen, um den kurdischen Guerilla keinen Unterschlupf mehr zu bieten, damit wurde aber auch ein ganzes Ökosystem zerstört. Die wahllosen Ermordungen von Zivilisten, die sich nur dessen schuldig machten, dass sie sich in diesen Kriegsgebieten aufhielten, wurden wieder durchgeführt. In den Städten hingegen, wurden Misshandlungen unterschiedlichster Art und Ermordungen von Zivilisten festgestellt, die nur „schuldig“ waren in dem Sinne, dass sie ihre Zugehörigkeit zum kurdischen Volk in irgendeiner Weise darstellten.

Die dramatische Situation von Minderjährigen, die in türkischen Gefängnissen eingesperrt sind, ist bereits international bekannt geworden. Die neuesten Berichte von Amnesty International (Juni 2010) und des Kommissars für Menschenrechte im Europäischen Rat, Thomas Hammarberg, zeigen dass dies abgesehen von der außergewöhnlichen Härte des Falles, eine Situation ist, die untragbar und ungerechtfertigt ist aus rechtlicher und humaner Sicht. Es sind mittlerweile mehr als 4000 Minderjährige, die in einem Gerichtsverfahren stehen und Hunderte, die immer noch in Gefängnissen für Erwachsene sitzen, für schuldig erklärt allein für die Teilnahme an öffentlichen Demonstrationen oder dem Werfen von Objekten gegen die Panzer der Polizeikräfte. Die neueste Reform des Antiterrorismus-Gesetzes (Juli 2010), welche durch den internationalen Druck und den Kampagnen überhaupt erst möglich wurde, wird wohl zur Freilassung einiger Minderjähriger führen, jedoch nicht auf ganzer Breite funktionieren, da es immer noch zahlreiche Ausnahmen und Abweichungen davon gibt, wie die Verletzung der Konvention der UN für die Rechte der Minderjährigen, die ebenfalls von der Türkei unterzeichnet wurde. Die Umstände der Freiheitsentziehenden Maßnahmen bleiben weiter dramatisch und das Risiko für die Minderjährigen, eingesperrt zu werden, weil sie an einer Demonstration teilgenommen haben, ist weiterhin sehr real.

Ein Volk im Gefängnis, aber es ist nicht möglich das Schweigen zu bewahren. Im Gefängnis befinden sich unter den 2000 Inhaftierten Bürgermeister, lokale Verwalter, Menschenrechtsaktivisten und Vertreter der Zivilbevölkerung, welche seit der außergewöhnlichen  Wahlbestätigung der kurdischen Partei für Soziale Demokratie (PSD) bei den Wahlen im März 2009 weiterhin massenweise festgenommen werden. Dies sind Festnahmen, die vom Staatsgeheimdienst gedeckt werden, insofern dass die Hauptbeschuldigten erst 14 Monate nach Festnahme bekannt wurden. Auch hier wurde wieder einmal als politische Opposition von Seiten der türkischen Autorität  nur den Kriegslobbyisten und einigen politischen Mächten, die sich schon mit den Wahlen 2011 beschäftigen, Raum gegeben. Wahlen an denen die Kurden mit der Partei für Frieden und Demokratie (PFD) teilnehmen werden, welche nach der erzwungenen Auflösung der PSD im Dezember 2009 die politische Macht wurde, die das kurdische Volk und dessen Forderung nach Anerkennung von Rechten und einer friedlichen und demokratischen Lösung der kurdischen Fragen repräsentiert. Eine Forderung, mit der sich auch der Teil der türkischen Bevölkerung identifiziert, welcher sich nicht in einem Staat, der grundlegende Rechte seiner Bürger verletzt, wieder finden will.

Der gleiche Krieg, der gegen die kurdische Guerilla durch die Streitkräfte für Verteidigung des Volkes (HPG) geführt wird, wird mit brutalsten Methoden und Mitteln, die die Konvention von Genf über die Behandlung von Gefangenen und die Durchführung bewaffneter Konflikte missachtet, ausgetragen. Die Körper der getöteten Guerilla-Kämpfer werden auf makaberste Weise verstümmelt und entstellt, sodass eine Wiedererkennung durch die Familie unmöglich ist. In vielen Fällen wurden die Körper verbrannt und es wurde den Familien das Abhalten einer Beerdigung untersagt. Der Gebrauch von chemischen Stoffen als Massenvernichtungswaffe wird immer verbreiteter.

Wir als Vertreter der zivilen italienischen Gesellschaft, können es nicht einfach so hinnehmen, dass der Weg des Dialogs und der Konfrontation einfach so zerstört wird.
 - wir verurteilen das Verhalten der Türkei, die dem kurdischen Volk verbietet, zu wachsen und sich politisch auszudrücken, die einen endlosen und grausamen Krieg führt zu Nutzen von innerer politischer Macht
- wir halten daran fest, dass die kurdische Frage niemals ohne ehrliches Engagement von Seiten der Türkei, durch eine Demokratisierung der Institutionen und ohne die Möglichkeit des kurdischen Volkes akzeptiert und als gleichwertiger politischer Akteur wahrgenommen zu werden, gelöst werden kann
- wir halten daran fest, dass die Abschaffung des Antiterrorismus-Gesetzes (welches Inhaftierungen und ebenso Missachtungen und Abweichungen vom selbigen Strafgesetzbuch erlaubt) ein bedeutender Schritt ist, um eine derartige Demokratisierung zu erreichen
- wir hallten daran fest, dass es notwendig ist, eine Aufnahme der Türkei in den Internationalen Strafgerichtshof der L’AIA zu erlauben und das Statut von Rom zu bestätigen und somit die nötige Gerechtigkeit hervorzurufen, bedingt durch die Jahre des dreckigen Krieges und einen Frieden zu schaffen, der auf der Übernahme der Verantwortung durch den Staat und dessen einzelnen Vertretern gegenüber den Opfern von Misshandlungen basiert
- wir bitten die ganze Welt und die, die noch daran mitarbeiten, um eine andere Welt zu ermöglichen, die auf Respekt, Dialog und gegenseitiger Anerkennung beruht, die zivile kurdische Gemeinschaft nicht allein zu lassen.

Am 18. Oktober findet der Prozess gegen die Bürgermeister, den Vertretern der kurdischen Gemeinschaft statt. Wir als Demokraten, Friedensarbeiter und Menschenrechtsaktivisten engagieren uns, um in den Gerichtssälen präsent zu sein, wo die kurdische Demokratie angeklagt wird und um den Geist der internationalen Solidarität zu demonstrieren.

Mit der Ankunft des Anführers des kurdischen Volkes, Abdullah Öcalan, in Rom am 12. November 1999, begannen, von Europa aus, die Übergriffe auf das kurdische Volk. Am 13. November 2010, um symbolisch eine Verbindung mit diesen Tagen herzustellen, werden wir mit einer großen nationalen Demonstration in Rom an „Piazza Kurdistan“  und an die Kurden denken, die seit über zehn Jahren um Gerechtigkeit bitten und auf Friede und Freiheit hoffen. Ebenso können wir so den türkischen Autoritäten demonstrieren, dass das kurdische Volk nicht allein ist. Wir wollen Europa diesen Schrei nach Freiheit hören lassen, der zu uns stößt aus den türkischen Gefängnissen und Gerichtssälen. Wir wollen die Hoffnung auf Freiheit und Frieden des kurdischen Volkes wieder beleben.